Die Lufthansa-Gruppe sieht in der Corona-Krise die größten Chancen für ein erneutes Wachstum des Luftverkehrs im touristischen Sektor und fordert deshalb eine differenziertere Betrachtung von Risikogebieten.
LPC-Videokonferenz mit Eurowings-CEO Jens Bischof und Dr. Kay Lindemann, Leiter Konzernpolitik und Bevollmächtigter des Vorstandes der Lufthansa.
Mit der Eröffnung des neuen Flughafens BER will man auch in der Hauptstadt wieder die Nase vorn haben, auch wenn es wenig Aussicht auf die Aufnahme von durch Wirtschaft, Politik und Tourismus geforderten Nonstop-Langstreckenverbindungen gibt. Rund eine Stunde lang diskutierten Eurowings-CEO Jens Bischof und Dr. Kay Lindemann, Leiter Konzernpolitik und Bevollmächtigter des Vorstandes der Lufthansa, in einer Videokonferenz des Regionalkreises Ost mit rund 30 LPC-Mitgliedern und Gästen die aktuellen Themen.
Da sich der touristische Verkehr schneller erholen werde als der Geschäftsreisesektor positioniere sich die Lufthansa-Gruppe zunehmend touristisch mit Eurowings abseits der Hubs in Frankfurt und München als größtem deutscher Ferienflieger, sagte Bischof. „Jeder Flug auf die Kanaren ist sicherer als eine unbedachte private Party zu Hause“, betonte der Eurowings-Chef. Es gelte, vernünftige Konzepte und Strategien zu entwickeln, um Fluggäste zu testen und nach dem Beispiel der türkischen Küstenregionen sichere Reisekorridore aufzubauen, ergänzte Lindemann.
Der Wunsch der Passagiere nach Sicherheit und Gesundheit schlage längst deutlich den Flugpreis und andere Kriterien bei der Kaufentscheidung, betonte Bischof. Derzeit seien keine 5-Euro-Tickets gefragt, sondern „eine Fluggesellschaft, der man vertrauen kann, die achtsam ist und keine Kostenabstriche macht bei Sicherheit, Gesundheit und Hygiene“. Bei der Lufthansa-Gruppe habe es bisher keine nachgewiesene Infektion von Passagier zu Passagier gegeben. Auf große Resonanz mit bereits mehr als 10 000 Buchungen sei das Angebot von Eurowings gestoßen, ab 18 Euro einen freien Mittelplatz zu reservieren.
Konkurrenz außerhalb Europas
Neben Istanbul, Doha und Dubai werde auch London künftig als Hub zu einem Konkurrenten außerhalb der EU, betonte Kay Lindemann. Die Balance zwischen Nachhaltigkeitsengagement und fairem Wettbewerb sei ein Kernanliegen der Lufthansa. Die Politik sei darauf fokussiert, den Emissionshandel zu reformieren. „Was uns schwer im Magen liegt ist die Ungleichbehandlung zwischen europäischen und nicht-europäischen Airlines“, so der Vorstandsbevollmächtigte. Wenn Lufthansa Passagiere von Lissabon nach Frankfurt oder von Oslo nach München bringe, würden all diese Flüge dem Emissionshandel unterliegen. Würden Wettbewerber aus Nicht-EU-Staaten solche Flüge anbieten, seien sie dagegen nicht betroffen.
Dagegen würden sich die ausländischen Low-Cost-Konkurrenten in Deutschland „sehr schwertun“ sagte Jens Bischof. Er verwies auf den Rückzug von Ryanair aus Düsseldorf, Stuttgart, Bremen und Nürnberg sowie die Reduzierung des Angebotes von Easyjet in Berlin. In der Hauptstadt biete die Lufthansa-Gruppe inzwischen doppelt so viele Flüge als Easyjet. (Bei dem britischen Carrier verweist man darauf, dass es sich überwiegend um innerdeutsche Flüge sowie Zubringer zu den Hubs von Austrian, Brussels und Swiss in Wien, Brüssel und Zürich handelt, während Easyjet selbst in den Krisenmonaten September und August ab Berlin 46 internationale Destinationen angesteuert habe).
Berlin habe als absoluter Touristenmagnet auch zukünftig einen Top-Stellenwert und der neue Flughafen BER werde die Attraktivität des Standortes deutlich erhöhen. Man werde als Lufthansa-Gruppe und Eurowings hier perspektivisch ganz deutlich ausbauen, so Bischof. Zunächst allerdings sind angesichts der Krise nur bis zu 33 Flüge am Tag geplant, lediglich Eurowings wird drei Flugzeuge am BER stationieren. Mit den immer wieder geforderten Nonstop-Langstreckenverbindungen sei „zunächst nicht zu rechnen“. Bischof verwies darauf, dass die Lufthansa-Gruppe den Berlinern vor Beginn der Corona-Krise 115 Interkontinentalverbindungen mit „nur einmaligem Umsteigen“ geboten habe.
Rainer W. During
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