Das LPC-Mediennetzwerk Luft- und Raumfahrt setzte am 26. Oktober im Hotel Grand Elysée Hamburg mal wieder auf ein höchst aktuelles und brisantes Thema. Unter dem Motto „Helfen COVID-Testverfahren, den Luftverkehr zu retten?“ diskutierten Luftfahrtexperten mit Fachjournalisten über mögliche Lösungsansätze.
Dr. Jennifer Cords, Christoph Leffers, Michael Büsing (von links nach rechts) Foto: Wolfgang Duveneck
Als Referenten an Bord: Christoph Leffers, Head of Task Force Testing Lufthansa Group, München, Dr. Jennifer Cords, Director Corporate Affairs Gebr. Heinemann SE & Co. KG und Vice-President Regulatory Affairs bei der European Travel Retail Confederation, Michael Büsing, Director Operations & Infrastructure, Flughafenverband ADV in Berlin. Moderation: Luftfahrtjournalist Andreas W. Schulz.
Im Mittelpunkt der Analyse stand die dramatische Situation des Luftverkehrs. Ende September hat der Airports Council International ACI in seiner Untersuchung einen Fall von 78 Prozent im europäischen Flugverkehr festgestellt. Doch erst 2024 erwartet die International Air Transportation Association IATA, das Niveau von 2019 wieder zu erreichen. Um Reisenden mehr Planungssicherheit zu bieten und das marode Fluggeschäft wieder anzukurbeln, setzt die Branche inzwischen auf schnelle Covid 19-Testverfahren, die unmittelbar vor dem Boarden innerhalb von 15 Minuten ein belastbares Ergebnis liefern sollen.
Katastrophe für Geschäftsreisende und weitverzweigte Familien
Die Lufthansa-Gruppe probiert bereits diese freiwilligen und kostenlosen Schnelltests in einem Pilotprojekt vor dem Abflug aus. Auf dem Flughafen Wien-Schwechat hat die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines ein Testzentrum eingerichtet. Christoph Leffers betonte, dass es durch die Schrumpfung von Strecken und Flügen nicht nur um den wirtschaftlichen Zusammenbruch geht, sondern dass auch Familien, die in der ganzen Welt verstreut sind, Leidtragende sind:
„Wir müssen die Ausbreitung der Pandemie verhindern, indem wir Wege für Tests finden. Mit den Schnelltests vor Abflug steht die Lufthansa nicht allein. Wir arbeiten in Cooperation mit Airports, anderen Airlines und Laboren als Grundlage für das Wiederhochfahren des internationalen Flugverkehrs. Doch wir müssen erst eine Strategie entwickeln und befinden uns noch in der Lernphase. Erst seit letztem Freitag sind am Flughafen in Wien mobile Teststationen unterwegs.“ Nach und nach sollen weitere Flughäfen für Teststrecken zu einer flächendeckenden Einführung aufgenommen werden, wie Hamburg-München oder mit Partnern, wie United Airlines oder Air Canada, auch bei Nordatlantik-Flügen.
Wiederanlaufen des Flugverkehrs überlebenswichtig
Eng verzahnt mit dem Flugverkehr ist der Duty-Free-Händler Gebr. Heinemann. Jennifer Cords: „Unser Geschäft entwickelt sich analog zu den Flugbewegungen. Einzelhandel ist wichtig für den profitablen Flughafenbetrieb. Laut Airports Council International ACI stammen bis zu 44 Prozent der Flughafeneinnahmen weltweit aus Non-Aeronautical-Quellen, wovon der Einzelhandel wiederum rund 30 Prozent ausmacht. Unser Geschäftsmodell ist für die Flughäfen systemrelevant!“
Cords zeigt sich optimistisch, da sie dem krisenerprobten Passagier vertraut: „Es gab schon Knicks, und der Reisende hat in den letzten Jahren viel mitgemacht – 9/11, der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull auf Island und mit Ebola sogar schon eine Epidemie. Wir sollten deshalb nicht ‚nach Corona‘ sagen, sondern ‚mit Corona‘“.
Auch für Michael Büsing stellen Schnelltests einen wichtigen Mosaikstein in einem infektionssicheren Flugverkehr dar. Zudem können die Schnelltests in den normalen Flugablauf eingepasst werden und dazu beitragen, mögliche Quarantänezeiten zu reduzieren oder bestmöglich ganz verzichtbar zu machen: „Für die Flughäfen ist die wirtschaftliche Lage in der Corona-Krise dramatisch, das Wiederanlaufen des Luftverkehrs nach der aktuell zweiten Welle der Pandemie überlebenswichtig. Spätestens bis zum Frühjahr 2021 sollten Politik und Luftverkehrswirtschaft Covid 19-Testabläufe als festen Bestandteil von gesundheitssicherem Fliegen etablieren, um ein unkompliziertes Reisen zu ermöglichen und damit den negativen wirtschaftlichen Folgen an den Flughäfen zu begegnen.“
Dagmar Gehm
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