Der LPC trauert um sein Ehrenmitglied, Jürgen Weber
- LPC
- 14. Mai
- 3 Min. Lesezeit

Sein Spitzname war auch sein Markenzeichen: „Mr. Lufthansa“. Das hat treffsicher auf Jürgen Weber gepasst. Der studierte Luftfahrtechniker machte aus dem trägen Staatsbetrieb, der in den 90er-Jahren vor der Pleite gerettet werden musste, einen der umsatzstärksten Luftverkehrskonzerne in Europa. Nun ist Jürgen Weber vergangenen Montag im Alter von 83 Jahren gestorben.
„Jürgen Weber hinterlässt ein Erbe, das weit über seine Amtszeit hinaus wirkt und den Luftverkehr nachhaltig geprägt hat“, würdigt LPC-Präsident Michael Immel. „Sein Engagement und seine Leidenschaft für die Luftfahrt werden von uns allen in ehrender Erinnerung behalten.“
Mit Jürgen Weber verliert unser Mediennetzwerk ein langjähriges Ehrenmitglied.
Unser Geschäftsführer, Christian Klick, hat in seiner Zeit im Lufthansa - Konzern und später bei der Star Alliance Jürgen Weber in seinem Schaffen immer wieder begleiten können und teilt hier einige seiner Gedanken:
„Wenn wir so weitermachen, sind wir in acht Wochen pleite.“
Ein tief nachdenklicher Jürgen Weber holte nach der gerade beendeten Aufsichtsratssitzung seine engsten Mitarbeiter zusammen. Vor nicht langer Zeit war er zum Vorstandsvorsitzenden ernannt worden. Und nun erzeugte er mit diesem einfachen Satz zunächst ungläubiges Kopfschütteln.
So richtig konnte sich das damals niemand im kleinen Kreis – und schon gar nicht im Rest des Unternehmens - vorstellen, ... pleite?
Lufthansa war doch bislang als Staatsairline durch so manche Krise manövriert worden, mit viel politischem Einfluss, regiert von einem Ex-Staatssekretär, Heinz Ruhnau. Die Bundesbahn kann doch auch nicht pleitegehen. „Too big to fail.“
Jürgen Weber sah das allerdings anders. Er wusste, dass nur sofortige und harte Einschnitte die stolze Lufthansa stabilisieren konnten. Wie so oft, brach er die große Herausforderung in simple, überschaubare Strukturen herunter. Damit ließen sich die Zusammenhänge besser verstehen. Die Teams wussten, was jetzt zu tun war. Auch er selbst machte sich mit unerbittlicher Energie ans Werk.
Beharrlich führte er die Arbeit an der Aufteilung der bislang streng hierarchischen Organisation in deutlich flexiblere, eigenständig wirtschaftlich verantwortliche, Unternehmen. Die Widerstände gegen diese Pläne waren enorm, und das nicht nur hausintern.
Er wusste, dass es galt, eine stolze und verwöhnte Mitarbeiterschaft auf einem langen, beschwerlichen Weg mitzunehmen. Dabei gelang es ihm, mit kleinen Zeichen zu belegen, dass alle im Konzern an einem Strick ziehen müssen. So wurde der Vorstands BMW7er unmittelbar in einen 5er getauscht. Übernachtungen am Dienstsitz Frankfurt machte der in Hamburg wohnende Weber im damals jugendherbergsmässigen Schulungszentrum Seeheim anstelle im Fünf-Sterne Hotel.
Und so nahm eine neue Lufthansa zügig Gestalt an.
Einige Jahre später hatte ein anderes Gespräch im kleinen Kreis erneut erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft der Lufthansa. Die Globalisierung war in vollem Gange. Eine zu wenig international aufgestellte Lufthansa lief erneut Gefahr, den Anschluss an die Konkurrenz zu verlieren.
1996 kehrte Weber von einem privaten Treffen mit internationalen Wirtschaftsführern aus den USA zurück. Am Rande dieses Treffens kam es zwischen den Chefs von fünf internationalen Airlines zur grundsätzlichen Übereinkunft, die Star Alliance zu gründen. Sein Team brauchte er nicht lange von seiner Vision überzeugen. Man begann ohne großes Aufsehen, auf allen Ebenen des Konzerns die Grundlagen für die neue internationale Zusammenarbeit herzustellen.
Im Mai 1997 war es dann soweit. In Frankfurt wurde die für die Luftfahrt damals revolutionäre Idee der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Rest ist Geschichte. Die Star Alliance ist mit 25 weltweit aktiven Mitgliedsairlines zum Modell für internationale Wirtschaftskooperationen geworden, nicht nur in der Luftfahrt.
Jürgen Weber war Diplomat und harter Verhandler in einer Person. Das erlebten besonders die Flugzeughersteller, wenn sie bei Lufthansa mal wieder einen Großauftrag ergattern wollten. Der Ingenieur Weber kannte sich eben in dieser Materie bis ins kleinste Detail aus, war er doch über eine Karriere im Technikbereich in den Vorstand gelangt.
Seine Mitarbeiter an der langen Leine Erfahrungen sammeln zu lassen, sie zu fordern und zu fördern, das zeichnete ihm als angesehene Führungskraft aus.
Seine Stärke war es, Überschaubarkeit in scheinbar unlösbare Probleme zu bringen. Dadurch konnte er selbst schwere Entscheidungen glaubhaft erklären und damit notwendige Veränderungen durchsetzen.
Der Touch gelebter Bescheidenheit, den er immer wieder bewies, half dabei ungemein. Auch nach seiner aktiven Zeit in der Unternehmensführung blieb das ein Markenzeichen. So forderte er vor nicht allzu langer Zeit im FAZ - Interview, das heutige Firmenlenker bei Ihren Gehaltsvorstellungen nicht den Sinn für Realität verlieren sollten.
An das offene Verhältnis, dass er zu den Medien allgemein -und zum LPC insbesondere- pflegte, werden sich viele unserer Mitglieder gern erinnern.
Ohne Zweifel, Jürgen Weber hat als der Architekt eines privatisierten und neu aufgestellten Lufthansa -Konzerns die Lufthansa-Geschichte und als Gründervater der Star Alliance die Luftfahrtgeschichte nachhaltig geprägt.
Der LPC trauert um sein Ehrenmitglied, Jürgen Weber.
Text: Christian Klick Foto: Lufthansa
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