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LPC Jahrestagung 2006 Dresden / Leipzig

Es sind gerade mal fünfeinhalb Jahre her, dass der LPC erstmals die Airports von Dresden und Leipzig besuchte. Schon damals informierte er sich über Wege und Methoden, wie sich die traditionsreichen Städte nach der Wende im knochenharten Luftfahrtgeschäft im Herzen Europas schlagen wollen. Beide Metropolen reüssierten seitdem auf diesem schwierigen Wirtschaftsterrain und verfolgen ambitionierte Pläne.


Start der LPC-Jahrestagung 2006 war in Dresden. Rund 80 Clubmitglieder mußten sich aasig früh aus den Federn stemmen, um rechtzeitig zum Begrüßungs-Snack (ersten Frühstück) im Flughafen dabei zu sein. Mit kostenlosen Tickets dabei geholfen haben den Kollegen aus Nord- und Süddeutschland dankenswerterweise Cirrus Airlines und die dba.


Der neue Airport Dresden feierte am 25. März seinen fünften Geburtstag. Seitdem starteten rund 8,2 Millionen Passagiere (etwa 1,8 alleine in 2005) aus der sächsischen Landeshauptstadt. Highlights sind schnell aufgezählt: 24 Check-in-Schalter garantieren zügige Abfertigung. Mit 27 Büros beherbergt das Terminal den größten Reisemarkt Dresdens. Ein Konferenz-Center hat sechs Meetingräume und von der üppigen Besuchergalerie aus sind sogar die Türme vom Schloss Moritzburg zu sehen. Die Anreise aus der Stadt und dem Umland sind problemlos, dank eines Autobahnzubringers und eines modernen S-Bahnen-Anschlusses zum Dresdener Hauptbahnhof (23 Minuten) und nach Pirna.


Der Flughafen ist einer der wichtigsten Wirtschaftsmotoren für die sächsische Landeshauptstadt. Davon überzeugen konnten sich die Tagungsteilnehmer beim Besuch der EADS Elbe Flugzeugwerke und der “Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft” (IABG). Gigantisch sind die Hallen, in den Passagiermaschinen aller Airbus Typen A300 (200-600) und A310 in Frachter umgerüstet werden. Dort, wo 1958 die legendäre Baade 152 gebaut wurde, wo man zwischen 1961 und 1990 rund 3000 Mig 21 bis Mig 23, sowie bis 1998 Maschinen der Typen TU 154, Boeing B 737, Fokker F 70 und F 100 und andere wartete, sind inzwischen 226 der bisher georderten 303 Flugzeug-Umrüstungen über die Bühne gegangen. Außerdem: Die bisherige Erfolgsstory “Airbus A380” wäre nicht so positiv, könnte der Flugzeugriese nicht auch von den “Faserverstärkter Leichtgewichten” für die Innenausstattung” profitieren, die in direkter Nachbarschaft produziert werden.


Fest etabliert hat sich am Airport ebenfalls die IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH zusammen mit der IABG. In einer gemeinsamen, riesigen Halle laufen bis Ende 2008 die unverzichtbaren und spektakulären Material-Ermüdungsversuche am Großraumjet Airbus A380-800. Für die A400M ist in einer neuen Halle der Beginn eines ähnlichen Testprogramms schon im Verlauf des nächsten Jahres vorgesehen. Bewerben will sich die IABG auch um die Durchführung der Ermüdungstests für die A350 und andere Flugzeugtypen.


Staatsminister Thomas Jurk, Wirtschaftsminister des Landes Sachsen, bekräftigte in einem Gespräch die Bedeutung des “Wirtschaftsmotors Flughafen Dresden” an dem – zuzüglich der in den EADS Elbe Flugzeugwerken Beschäftigten – Ende 2005 rund 2400 Arbeitnehmer in 119 Unternehmen angestellt waren. Im anschließenden Round-Table-Gespräch, das LPC-Vorstandsmitglied Andreas Schütz moderierte, bekräftigten die Positionen des Ministers sowohl der Geschäftsführer des Flughafens Dresden, Dr. Michael Hupe, als auch der Vorsitzende der Geschäftsführung IABG, Prof. Dr. Rudolf F. Schwarz, der Geschäftsführer der EADS Elbe Flugzeugwerke, Horst Emker, sowie der Vorstand der Mitteldeutschen Flughafen AG, Volkmar Stein: “Es muß weiter konsequent in die Infrastruktur des Flughafens investiert werden. Dazu gehört u. a. die Sanierung und Verlängerung der Start- und Landebahn.


Nach so viel geballter Information war Erholung angesagt. Sie begann mit einer mehr als einstündigen Busfahrt zum Ramada Hotel Leipzig. Richtig Stimmung kam während des anschließenden Clubabends in Auerbachs Keller auf. Dazu bei trugen die lockeren Sprüche eines putzmunteren und im Saal umtriebigen Mephistos: Goethes Faust ließ grüßen.


Ortswechsel an den Flughafen Leipzig/Halle GmbH am nächsten Vormittag: “Reisen in die weite Welt und schneller Frachtumschlag” sind die Prioritäten, die sich der Airport gesetzt hat. In 2005 zählte man gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von 4,3 Prozent im Linien und Touristikverkehr, bei der Fracht sogar von 86,4 Prozent! Wie der Trend verstärkt werden soll, erläuterte – nach einer beeindruckenden Flughafenrundfahrt – der Geschäftsführer des Airports, Eric Malitzke. Genau genommen begann der Aufschwung bereits am 31. August 2005, mit dem ersten Spatenstich für eine Parallel-Start- und Landebahn (Süd). 290 Millionen Euro kosten das zweite Betonband und die dazugehörigen Vorfelder. Für Malitzke ist der, im Herzen Europas zentral gelegene Airport Leipzig/Halle, “im internationalen Wettbewerb sowohl im Passagier- als auch im Frachtbereich äußerst erfolgversprechend positioniert”.


Die Marschrichtung des Flughafenmanagements und der Flughafengesellschafter scheint zu stimmen: Nach dem Willen der Deutschen Post World Net, DHL, wird nämlich Leipzig/Halle zum europäischen Fracht-Drehkreuz avancieren, als drittes, neben den Umschlagzentren Wilmington in den USA und Hongkong in Asien. Ab 2008 sollen – so der Geschäftsführer DHL Hub Leipzig GmbH, Michael Reinboth – täglich rund 50 DHL-Frachtflugzeuge (auf einem Vorfeld von 530 000 Quadratmetern) den Standort nutzen, um pro Nacht bis zu 2000 Tonnen umzuschlagen. Das Unternehmen plant rund 300 Millionen Euro in die neue Frachtdrehscheibe zu investieren. Außer über das Gelände für die neue DHL-Station – die Standorte Köln und Brüssel werden geschlossen – verfügt Leipzig/Halle über weiteres Ansiedlungsflächen. Es laufen Erschließungsarbeiten für einen Frachtbereich Süd.

Was wäre eine LPC-Tagung ohne eine Überraschung. In Leipzig/Halle gab es die Chance, eine der zwei dort stationieren Frachtriesen Antonow 124 zu besichtigen. Kaum jemand verzichtete darauf, das rustikale aber zuverlässige Flugzeug über schwankende Leitern vom Frachtraum, bis zu den Schlafkojen und dem spartanischen ausgestatteten Cockpit zu erkunden.


Ehe die Tagungsteilnehmer zu einer interessanten Stadtrundfahrt – inklusive einer kompetenten Führung durch die historisch berühmte und inzwischen für wichtige politische Fanale bekannte Thomaskirche – aufbrachen, moderierte “hr”-Redakteurin Sylvia Kuck eine Podiumsdiskussion zur Wirtschaftpolitik in der Region. Die Teilnehmer Axel Arendt, Chairman Rolls-Royce Deutschland Ltd. & Co KG, Dr. Karl-Heinz Daehre, Minister für Bau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, Michael Reinboth, DHL, Volkmar Stein, Mitteldeutsche Flughafen AG sowie Frank Thielert, Geschäftsführer Thielert Aero Engines GmbH waren sich einig: Mitteldeutschland als Zentrum eines wachsenden Europas besitzt eine gute Infrastruktur und ein ausreichendes Flächenangebot für die Ansiedlung von mittelständischem Gewerbe. Es verfügt über genügend qualifizierte Arbeitskräfte sowie ein schon jetzt funktionierendes Netzwerk an Kompetenzen. Zusammen mit der ausbaufähigen “Mitteldeutschen Flughafen AG” hat die Region beste Voraussetzungen einen gewichtigen Part im europäischen Wirtschaftskonzert zu spielen, speziell als Gateway in die osteuropäischen Märkte.

Wie immer entspannt und in gediegener Atmosphäre verlief der traditionelle Festabend der Jahrestagung 2006 im Westin Hotel Leipzig. Höhepunkt des Gesellschaftsevents war die Übergabe des Hugo-Junkers-Preis 2005. Zu gleichen Teilen ging die mit 8000 Euro dotierte Auszeichnung an Hans Borchert für seine Reportage “Raumschiff A380” im Magazin Focus und an Hermann-Michael Hahn, für sein Buch “Outer Space”. Gerührt nahm der freie Luftfahrtpublizist Karl-Dieter Seifert den Ehrenpreis für sein Lebenswerk entgegen.

Vorstandsmitglied Michael Krons würdigte in seiner Laudatio Hans Borchert wie folgt:


Laudatio Raumschiff A380, Focus 17. 01. 2005


Als wir bei der letzten Sitzung im Vorstand des LPC zusammensaßen, waren wir uns alle sicher. Ein Preis gebührt einer A 380- Geschichte. Denn selten haben wir über ein Ereignis eine solche Fülle von guten Einsendungen bekommen wie zum neuen Super- Jumbo. Doch das war auch gleich das Problem. Bücher, Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, aktuelle und Magazinbeiträge, Dokumentationen und Hörfunk- Features- sie alle wollten den Koloss aus Toulouse greifbar machen- oder besser: begreifbar machen. Es hat eine Menge Zeit und eine unübliche Menge an Kaffee, Mineralwasser und Nerven gekostet, immer wieder die eine A 380- Geschichte gegen die andere abzuwägen. Und doch. Wenn der Artikel des Focus Autors Hans Borchert auf dem Tisch weitergereicht wurde, konnte man Schmunzeln, Kopfnicken und zustimmendes Gemurmel vernehmen. Da musste also etwas Besonderes entstanden sein. Und so ist es auch. Denn Hans Borchert hat in einer Zeit, in der Zeitschriften um jedes Wort, ja jeden Buchstaben- und wir im Fernsehen um jedes Halbbild feilschen müssen- einen Trick angewandt. Er hat eine Sprache und einen Aufbau gewählt, der den Artikel über die optische Grösse hinauswachsen lässt, wenn man ihn liest. Man spürt förmlich wie man unter dem Riesenluftschiff steht- mit den Augen eines Kindes. So beginnt dann auch Hans Borchert mit den Worten: „ Achtung und aufgepasst. Dies ist keine Geschichte Marke Revell. Von wegen ein bißchen schneiden, ein bißchen kleben, 163 Teile zusammenstecken und fertig ist der neue Airbus A 380. Nein. Originalgrösse ist unser Thema. Massstab 1: 1, das richtige Leben.” Und so fährt Hans Borchert dann fort. Und nimmt den Leser mit, ganz so als verstehe er selber kaum, wie dieses Flugzeug zusammengebaut ist, funktioniert und am Ende gar fliegt. Und ist nicht das die eigentliche Kunst des Journalisten. Sich auf die Perspektive des Lesers einzustellen, auch wenn er die Geschichte kennt, von der Sache etwas versteht. Mit den exzellenten Fotos zusammen ist Hans Borchert ein Artikel gelungen wie wir ihn leider nur selten zu lesen bekommen. Er strahlt von der Faszination dieser technischen Meisterleistung auf den Leser aus. Auf den Laien wie auf den Kenner. Das ist doch so selten geworden: Das hier ein Journalist nicht mit den eigenen Kenntnissen glänzen will, sondern alle Leser anspricht. So wie sein Artikel nicht nur die Technik allein feiert, sondern auch die Begeisterung der Menschen an der Peripherie dieses A 380. Projektes. Z. B. den Kapitän des Lastkahns auf dem südfranzösischen Fluss Garonne, dessen seemännische Fähigkeiten den Transport von Montageteilen des A 380 erst möglich macht. Es sind eben viele Menschen an dem Jahrhundert- Projekt A 380 beteiligt. Für sie alle wählt der Autor Borchart einige aus. Z. B. Monsieur Blanc, der sich in Pantoffeln an die Strasse stellt, um den Transport zu verfolgen. Dank daher an Hans Borchert auch für die Beschreibung dieser französischen Begeisterung für die technische Leistung. genannt „ Le Grand Spectacle „. Wir in Deutschland hätten wohl eher gesagt „ Le Grand Probleme” Danke und herzlichen Glückwunsch Hans Borchert.


Wie immer routiniert ging am Sonntagmorgen die Mitgliederversammlung über die Bühne. Eine sehr inhaltsreiche und gelöste LPC-Jahrestagung war zuende. Das sie so harmonisch verlief, verdanken die Teilnehmer der außergewöhnlich gastfreundlichen Mitteldeutschen Flughafen AG und dem wie immer allzeit hilfsbereiten und kompetenten LPC-Geschäftsführungsteam Martina Klick und Clemens Bollinger.


Klaus Wittkamp

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