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Wie akquiriert ein Flughafen neue Flugstrecken ?



Der allgemeine Erholungstrend im Luftverkehr setzt sich fort. Die Reiselust ist ungebrochen, trotz Inflation und geopolitischer Lage, so die Beobachtung der Airline Manager und Luftfahrtverbände wie IATA oder die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen

(ADV). Für 2023 prognostiziert die ADV 82 Prozent der Passagiere auf Basis 2019. Trotzdem sind getrübte Wolken am deutschen Himmel, denn der Flughafenstandort Deutschland im europäischen Wettbewerb wird für Airlines weiniger attraktiv, denn die Standortkosten, wie regulative Abgaben und Gebühren, kommen mittlerweile hierzulande auf stattliche 30 Prozent der Gesamtflugkosten, so beklagt es die ADV zumindest. Flughäfen haben keinen Einfluss auf diese Kosten und müssen trotzdem als internationale Tore für Airlines attraktiv und offen bleiben. Die Wettbewerbslandschaft - besonders für Flughäfen - hat sich mit dem Aufstieg der sogenannten Low Cost- oder Low Fare Airlines dramatisch verändert. Chancen und Risiken, neue Airlines und Flugziele zu gewinnen sind zwar da, aber die Konkurrenz gerade im Segment der Flughäfen jenseits der großen HUBs ist hart.

Die aktive und engagierte Akquise ist daher für Flughäfen heute ein essentielles Kernprojekt.

Der LPC Nord konnte mit Gesa Zaremba, Head of Airlines & Traffic Development vom Hamburg Airport, eine erfahrene Referentin gewinnen, die das Thema anschaulich aufrollte.


Der Markt muss stimmen

Hamburg ist der fünftgrößte Flughafen in Deutschland, mit geplanten 13,8 Mio Fluggästen für dieses Jahr, noch rund 20 Prozent unter dem Jahr 2019. 55 Airlines und 125 Ziele stehen im Flugplan. Entscheidend sind dabei die sogenannten „Konnektivitäten“, direkt und indirekt. In Hamburg sind das aktuell 1.034 direkte und 3.434 indirekte, die z.B. über andere Drehkreuze bedient werden. Der Flughafen macht regelmäßig Potenzialanalysen, welche Ziele im Markt / Catchment nachgefragt werden. Dazu gehören etwa Slots, Verkehrszahlen, Fluggastbe- fragungen, Corporate-Kunden-Befragungen mit ihren Geschäftsreisezielen, weltweite Kapazitätsdaten, Simulationen für Strecken, Flottendatenbanken, etc. . Airlines wie Eurowings haben 15 Flugzeuge in Hamburg stationiert. Aber die Airline garantiert nicht, dass diese Flugzeuge auch fest mit der Basis Hamburg verbunden sind. So muss der Flughafen permanent die bestehenden Strecken auf ihre Entwicklung und Wirtschaftlichkeit im Monitor haben, um schnell reagieren zu können.


Speed-Dating

Gleichzeitig werden neue Ziele auf speziellen und zeiteffizienten Airline- und Airport „Speed-Dating“ Konferenzen, wie der „Routes“ oder „Connect“, besprochen. In perfekt organisierten 10- 15 Minuten-Slots müssen die Airports potenzielle Airlinepartner davon überzeugen, warum etwa gerade Hamburg als Ziel aufgenommen werden sollte. Für Airlines, die keine Basis in Hamburg haben, etwa wie Wizzair, ist es entscheidend zu wissen, welches Profil die Bevölkerung im Catchment hat, da gerade für Wizzair die sogenannten VFR-Verkehre (Visiting Friends & Relatives) von zentraler Bedeutung für ihr Geschäftsmodell sind. Bedingt durch die Präsentation attraktiver Potenziale konnte Hamburg das Angebot von Wizzair vom Sommer 2019 bis Sommer 2023 verdreifachen. Ein anderer absolut neuer Kunde ist die Low-Cost-Airline Volotea, die im Sommer 2023 erstmals mit Zielen wie Bordeaux, Lyon und Florenz nach Hamburg kommt. Eine enge Vertriebspartnerschaft mit Eurowings hat es möglich gemacht.



Partnerschaften

Auch arbeitet dabei der Flughafen eng mit den Partnerflughäfen, Tourismusbehörden, Handelskammern, Messezentren zusammen, denn nur wenn von beiden Seiten das Ziel erfolgreich beworben wird, kann eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit gesichert werden. Alle beteiligten Partner müssen dabei in die gleiche Richtung rudern. Oft muss hier der Flughafen den richtigen Takt vorgeben und koordinieren. Neu akquirierte Flugstrecken sind dann aber nicht unbedingt ein Selbstläufer und müssen vom Airport permanent „bespielt“ und gepflegt werden, denn die Airline hat dafür (aus Kostengründen) kein Personal mehr. So haben Gesa Zaremba und ihr Team permanent das Ohr am Markt, um sofort zu agieren, wenn sich eine Chance bietet oder „nachjustiert“ werden muss. All das passiert hinter den Kulissen, von dem der normale Reisende nichts mitbekommt. Aber so soll es ja auch sein.


Text: Andreas W. Schulz, Bilder: Dagmar Gehm / Andreas W. Schulz

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